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KI, maschinelles Lernen und CPM: Experten beantworten Ihre brennenden Fragen
Der eine ist ein renommierter deutscher Corporate Performance Management (CPM)-Analyst, der andere ist der Leiter eines globalen CPM-Unternehmens. Wir haben uns mit zwei einflussreichen Persönlichkeit
März 26, 2019Der eine ist ein renommierter deutscher Corporate Performance Management (CPM)-Analyst, der andere ist der Leiter eines globalen CPM-Unternehmens. Wir haben uns mit zwei einflussreichen Persönlichkeiten des internationalen CPM-Marktes zusammengesetzt und ihnen fünf Fragen über CPM, Technologie und die Zukunft gestellt.
Mit der Entwicklung neuer Technologien ist die Zukunft von CPM in ständigem Wandel begriffen. Viele Finanzfachleute und Führungskräfte stellen sich diese Frage: Welche Technologien sind nur eine Modeerscheinung und welche haben das Potenzial, die Welt auf den Kopf zu stellen?
Warum lassen wir nicht die Experten spekulieren? Dr. Christian Fuchs (BARC), ein führender Analyst in Europa, und Alok Ajmera (Prophix Software), eine visionäre Führungskraft in Nordamerika, sind schon seit geraumer Zeit im CPM-Bereich tätig. Führen ihre unterschiedlichen Lebensumstände zu radikal unterschiedlichen Meinungen oder teilen sie ähnliche Vorhersagen? Wir haben jedem von ihnen die gleichen fünf Fragen gestellt, um das herauszufinden
1. Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft für Innovationen in der Unternehmensplanung aus?
Alok Ajmera: Die nahe Zukunft bringt dramatische und wichtige Veränderungen in der Unternehmensplanung mit sich - ein grundlegend anderer Ansatz als derjenige, der auf menschlicher Intuition und Bauchgefühl basiert, unterstützt durch ein paar Daten. Die Zukunft der Planung stellt dieses Modell auf den Kopf, mit reichhaltigen, datengesteuerten Erkenntnissen am vorderen Ende, als solide Grundlage für die menschliche Intuition.
Bei der Anwendung traditioneller Methoden sammeln Planer heute immer noch zeitaufwändig und fehleranfällig Informationen aus dem gesamten Unternehmen. Sie konsolidieren die Daten und führen vielleicht ein paar Berechnungen durch, um rückblickende Erkenntnisse zu gewinnen. Dank der Cloud- und Computerressourcen, die den Fortschritten bei der Anwendung von KI und maschinellem Lernen zugrunde liegen, können Unternehmen heute jedoch zu einer stärker maschinengestützten Planungsmethodik übergehen.
In Zukunft werden Pläne von Software und Technologie erstellt, die Milliarden von Daten in Echtzeit verarbeiten und in eine sinnvolle, verständliche Form bringen. Anstatt ihre gesamte Zeit mit dem Sammeln, Eingeben, Homogenisieren und Bereinigen von Daten zu verbringen, können sich die Menschen darauf konzentrieren, das Endergebnis zu verstehen und zu integrieren, um sicherzustellen, dass es in ihrer realen Welt einen Sinn ergibt.
Momentan spielen Intuition und menschliche Arbeit eine zu große Rolle bei der Planung. In der Zukunft können die Menschen ihre Zeit nutzen, um die Bedeutung ihrer Daten zu verstehen.
Dr. Christian Fuchs: Ich sehe insbesondere den Einsatz von Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) und des maschinellen Lernens (ML) als die nächsten großen Innovationen in diesem Bereich. Dies deckt sich auch mit dem, was wir aus unseren aktuellen Marktforschungsstudien ableiten können: In unserem diesjährigen BARC Planning Survey gab beispielsweise die Hälfte aller befragten Unternehmen an, dass sie mittel- bis langfristig prädiktive Technologien (Predictive Planning) für die Planung einsetzen wollen. Getrieben wird diese Entwicklung meines Erachtens vor allem durch die wachsende Menge an Daten, die gesammelt und verarbeitet werden. Darüber hinaus haben sowohl die Unternehmensplanung als auch ML inzwischen einen Reifegrad erreicht, der fortgeschrittene Anwendungen dieser Art deutlich interessanter macht.

Abbildung 1: Welche der folgenden Möglichkeiten nutzt Ihr Unternehmen mit Ihrem Produkt für die Planung und Budgetierung? (Quelle: BARC-Studie "The Planning Survey 18", n=856)
Über die Befragten:
Alok Ajmera
Alok ist der Präsident und COO von Prophix Software. Seine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass jeder Kunde, potenzielle Kunde, Partner und Mitarbeiter auf der ganzen Welt eine unvergessliche und positive Erfahrung mit Prophix macht. Alok ist seit 2004 im Unternehmen und hat sich vom Berater zum Präsidenten hochgearbeitet. Aloks Energie und Enthusiasmus spornen uns alle an, Großartiges zu leisten und Erwartungen zu übertreffen. Im Büro ist Alok der König der Lässigkeit und verfügt über eine tolle T-Shirt-Kollektion - fragen Sie ihn einfach.
Dr. Christian Fuchs
Dr. Christian Fuchs ist BARCs Forschungsleiter für BI & Datenmanagement und ein Senior Analyst. Er ist Hauptautor der BARC-Studie "Software Tools for Planning" und weiterer Marktanalysen im Bereich BI und Planung. Als Berater unterstützt er Unternehmen im Software-Auswahlprozess, in der Einführungsphase und bei strategischen Fragen zu BI-Frontend-Portfolio, Architektur und Einsatzszenarien.
2. Maschinelles Lernen und KI sind derzeit in aller Munde, welche Vorteile ergeben sich aus der Anwendung von KI und maschinellem Lernen auf CPM?
Dr. Christian Fushcs: KI und ML haben das Potenzial, die Planung wesentlich effektiver und effizienter zu machen. Im Idealfall können diese Technologien dazu beitragen, die Planungsergebnisse und die Planungsprozesse selbst zu verbessern, um schneller zu aussagekräftigen Ergebnissen zu gelangen und die Arbeitsbelastung der Planer zu reduzieren. Dieses große Potenzial geht jedoch mit erhöhten Erwartungen einher.
Viele Unternehmen erhoffen sich eine höhere Qualität und Genauigkeit bei der Planung und Vorhersage (siehe Abbildung 2). Dieses übergeordnete Ziel, die Effektivität der Planung zu erhöhen, kann jedoch nur durch die Berücksichtigung der relevanten Ursache-Wirkungs-Beziehungen erreicht werden. Kürzere und schnellere Prognosen sowie ein reduzierter (manueller) Planungsaufwand sollen die Relevanz der Planungsdaten erhöhen und damit die Planung effizienter machen. Schnellere Simulationen, genauere Prognosen und eine stärkere Automatisierung in der Unternehmensplanung sind für Unternehmen durch den Einsatz von KI, statistischen Methoden und ML in greifbare Nähe gerückt.
Eine wichtige Erkenntnis ist jedoch, dass die Unternehmen in der Regel nicht auf eine vollständige Automatisierung der Planung ausgerichtet sind. Planer sollen weiterhin in den Planungsprozess eingebunden sein, aber vor allem von Routineaufgaben, wie manuellen Tätigkeiten und Prognosen, entlastet werden. Es geht also nicht darum, menschliche Planer durch Maschinen zu ersetzen.

Abbildung 2: Welche Vorteile erwarten Sie oder haben Sie durch den Einsatz von vorausschauender Planung und Prognose in Ihrem Unternehmen erreicht? (Quelle: BARC-Studie "Vorausschauende Planung und Prognosen heben die Unternehmensplanung auf die nächste Stufe", n=308)
Alok Ajmera: Ein klarer Vorteil besteht darin, dass wir in der Lage sind, Daten in einer anspruchsvolleren Weise für die Planung zu nutzen. Die Daten werden über alle Geschäftsbereiche, Abteilungen und Systeme hinweg zugänglicher. Sie sind auch weniger spezifisch für ein einzelnes Unternehmen. Jetzt können viel mehr Daten außerhalb des Unternehmens, das sie erzeugt, genutzt und bearbeitet werden.
Das bedeutet aber auch, dass die Unternehmen mit Daten überschwemmt werden. Es gibt so viele Daten, dass es schwierig ist, sie zu etwas Nützlichem zu verarbeiten. Das ist der Vorteil der KI und des maschinellen Lernens als Teilbereich der KI. Es gibt uns die Möglichkeit, mit Hilfe von Technologien, die sich durch diese riesigen Ozeane interner und externer Daten wühlen, zu lernen und Beziehungen und Korrelationen in den Daten auf eine nicht statische Weise zu verstehen. Es ermöglicht progressives Lernen, was bedeutet, dass wir in unseren Prognosen und in der Langzeitinformatik immer genauer werden, je mehr Daten das System durchlaufen.
Dies ist zu Recht ein unglaublich heißes Thema in der Planung. Mit der Fähigkeit der Cloud, all diese Technologien und Daten zusammenzubringen und so viel mehr Rechenleistung auf unsere Geschäftsprobleme anzuwenden, stehen wir wirklich an der Schwelle zu einer neuen Ära der Unternehmensplanung, in der wir schnell und einfach Szenarien durchspielen können. Stellen Sie sich vor, Sie könnten sagen: "Zeigen Sie mir, was in 12 Monaten passiert, wenn X, Y und Z eintreten" Im Moment ist das noch mit einem enormen Zeit- und Energieaufwand verbunden, aber die neuen Technologien bringen uns schnell in diese Richtung.
Schon heute verfügen wir über viele leistungsfähige Instrumente, die sich zur Wertschöpfung einsetzen lassen. In den nächsten fünf Jahren wird es mehr dieser Instrumente geben, und sie werden robuster, überzeugender und genauer sein.
3. Wie können Führungskräfte mit KI beginnen?
Alok Ajmera: Es gibt eine Menge grundlegender Vorarbeiten, die Führungskräfte leisten können. Interne Führungskräfte im Finanzbereich müssen zunächst verstehen, dass KI im Finanzbereich eine Rolle spielt. Das kann eine Herausforderung sein. Wenn Sie heute 100 CFOs bitten, KI zu definieren, werden Sie 100 Definitionen erhalten.
Um mit Technologie etwas anfangen zu können, müssen Sie in die richtigen Fähigkeiten in Ihrem Unternehmen investieren. Die Anforderungen an das Finanzteam der Zukunft werden sich von denen von heute unterscheiden. Die Finanzabteilung muss in Fähigkeiten wie Datenmanagement und Datenwissenschaft investieren, um diese neuen Technologien nutzen zu können.
Gleichzeitig mit der Entwicklung der richtigen Fähigkeiten im Finanzwesen werden Sie von einer Partnerschaft mit den Organisationen und Unternehmen profitieren, die diese Zukunft ermöglichen. Es gibt Möglichkeiten für Führungskräfte im Finanzwesen, mit Partnern zusammenzuarbeiten, die über den Einsatz der richtigen Technologien nachdenken.
Und schließlich sollten Sie sich auf dem Weg dorthin bewusst sein, dass die Infrastruktur, die Sie heute aufbauen, skalierbar sein muss, um den Anforderungen der Zukunft gerecht zu werden.
Dr. Christian Fuchs: Der Einsatz von KI und ML im Kontext der Unternehmensplanung wird keineswegs automatisch erfolgen und viele Hürden müssen überwunden werden. Die größten Herausforderungen sind heute der Aufbau und Erhalt der erforderlichen Kompetenzen und Fähigkeiten sowie die Verfügbarkeit von monetären und personellen Ressourcen. Viele Unternehmen planen daher als zentralen Ansatzpunkt kurz- bis mittelfristig den Aufbau von Know-how. Dies kann prinzipiell auf zwei Wegen geschehen: intern, etwa durch die Schulung eigener Mitarbeiter, oder extern, durch die Einstellung neuer Mitarbeiter sowie die Unterstützung durch spezialisierte Beratungsunternehmen. Die Mehrheit der Unternehmen plant, in ihr eigenes Fachwissen und ihre Fähigkeiten zu investieren, anstatt externe Hilfe (z. B. Beratung) in Anspruch zu nehmen. Dies zeigt deutlich, wie wichtig diese Fähigkeiten für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens sind.
4. Welche Prioritäten sollten Führungskräfte bei KI und maschinellem Lernen setzen?
Dr. Christian Fuchs: Aus Sicht von BARC wird der Einsatz von KI und ML in der Unternehmensplanung in Zukunft unverzichtbar sein und sollte dementsprechend eine hohe Priorität in der Unternehmensführung haben. Durch die Reife der Technologie und die einfache Bereitstellung von Rechenkapazitäten in der Cloud werden moderne Planungsmethoden für immer mehr Unternehmen bezahlbar und relevant. Gerade deshalb ist es wichtig, frühzeitig Know-how aufzubauen und durch Pilotprojekte Erfahrungen zu sammeln sowie Vertrauen aufzubauen und Akzeptanz zu fördern. Nach Ansicht der Analysten von BARC hat der Einsatz von KI und ML das Potenzial, die Unternehmensplanung auf die nächste Stufe zu heben und ist damit einer der wichtigsten Trends zur Optimierung der Unternehmensplanung in den nächsten Jahren.
Alok Ajmera: Maschinelles Lernen ist eine Teilmenge von KI und der Teil, dem Führungskräfte Priorität einräumen müssen. KI hat zwar viel mehr Möglichkeiten als ML, aber es gibt heute echte Probleme, die mit ML gelöst werden können. Es ist wichtig, dass die Führungskräfte verstehen, welche Probleme gelöst werden können, und dann Prioritäten setzen, wie sie heute einen Mehrwert erzielen können.
Wie können Sie ML nutzen, um Transaktionsdaten zu durchforsten und Anomalien zu identifizieren? Das ist heute eine manuelle Aufgabe. Die meisten Unternehmen können ihre Transaktionsdaten nur stichprobenartig auf Fehler oder Betrug untersuchen. Aber mit ML können Sie Millionen von Transaktionen durchforsten, um Fehler und Betrug zu erkennen. Anstatt Stichproben zu nehmen und auf das Beste zu hoffen, können Sie buchstäblich jede Transaktion durchforsten, um teure Probleme zu vermeiden
5. Können Sie sich vorstellen, KI oder maschinelles Lernen in CPM-Software zu integrieren, oder sind Sie eher für einen Best-of-Breed-Ansatz?
Alok Ajmera: Es gibt so viele Funktionen, die wir heute in CPM-Software einbauen können, weshalb sie zu einem Kernstück der Infrastruktur geworden ist. Sie enthält Daten, die für KI-basierte Funktionen genutzt werden können. KI-Fähigkeiten werden also in CPM-Software integriert. Aber die wirkliche Antwort ist, dass wir ein wenig von beiden Ansätzen sehen werden. Es gibt auch Möglichkeiten, Best-of-Breed-Lösungen zu nutzen, insbesondere in der Cloud. Ein Vorteil der Cloud ist, dass man das Beste aus beidem machen kann.
Das ist die Grenze. Es ist unglaublich aufregend. Es gibt vielversprechende Möglichkeiten, ein großes Potenzial. Einiges davon wird allmählich in die Realität umgesetzt, aber wir befinden uns noch an der Grenze. Es wird spannend sein zu sehen, wie es sich in den nächsten drei bis fünf Jahren entwickeln wird, und es wird sich sicherlich weiterentwickeln. Es gibt kein Zurück mehr.
Dr. Christian Fuchs: Unsere Studien deuten darauf hin, dass Unternehmen klare Erwartungen an die von ihnen eingesetzten CPM-Lösungen haben: Die bereits eingesetzten Tools sollen in Zukunft auch Funktionen in den Bereichen KI und ML bieten, um die Unternehmensplanung zu verbessern (siehe Abbildung 3). Zusätzliche Softwarelösungen (best-of-breed) werden nicht gewünscht. Dies unterstreicht die Bedeutung der Integration von statistischen Methoden, ML und KI in die traditionellen Funktionen der Planungssoftware und ist ein klarer Auftrag an die Anbieter von CPM-Software, diese Weiterentwicklung vorzunehmen.
Unsere aktuelle Beobachtung als Marktanalyst ist, dass viele CPM-Softwareanbieter die Integration von statistischen Methoden, ML und KI in ihre eigenen Tools zu einem zentralen Element ihrer zukünftigen Roadmap gemacht haben. Dabei geht es zum einen um die Integration von statistischen Programmiersprachen wie R oder Python und zum anderen um die Integration von Methoden aus dem klassischen Statistik- und Data-Mining-Umfeld (z.B. Regressionsanalysen zur Identifikation von Treibern und Analyse von Ursache-Wirkungs-Beziehungen, Anomalieerkennungstechniken, neuronale Netze für Prognosen auf Basis historischer Daten).

Abbildung 3: Welche Softwareunterstützung nutzen Sie heute oder in Zukunft in erster Linie, um vorausschauende Planung und Prognosen in Ihrem Unternehmen umzusetzen? (Quelle: BARC-Studie "Vorausschauende Planung und Prognosen heben die Unternehmensplanung auf die nächste Stufe", n=308)